Montag, 27.05.2002
- 6. Tag
von Zerkall nach Schleiden-Wintzen
Für heute stand eine recht lange Etappe auf dem Programm. Im Vorgriff, der Tag sollte sehr schön, reiterlich anspruchsvoll und im nachhinein der anstrengendste Tag der Tour werden.
Auch heute spielte das Wetter mit. Begleitet mit den besten Wünschen und Wegetips durch die Familie Humpert und gestärkt mit einem kräftigen Frühstück ging es zunächst durch das Kalltal Richtung Schmidt. Allerdings leistete ich mir hier einen kleinen Umweg, da ich die Rur mit der Kall verwechselte.
Kann ja mal vorkommen. Aber, man kann ja auch fragen und so war ich wieder auf dem rechten Weg. Die Pferde fühlten sich sichtlich wohl und so nutzten wir das eine oder andere geeignete Stück zu flotter Gangart. Durch schönen Wald ohne Probleme ging es bis östlich von Schmidt zum Abstieg zur Rurtalsperre. Der war nun wirklich steil. Die erste richtige Herausforderung, die wir aber gemeinsam gut meistern konnten. Bjarni überzeugte durch hervorragende Trittsicherheit und Neisti zeigte sich so vertrauenerweckend, dass er trotz Packsättel den Abstieg freilaufend meisterte.
Am Rursee angekommen, gönnten wir uns dann eine ausgiebige Pause. Um den Rursee herum war einfach. Der Weg, schön vom Geläuf, herrlich von der Aussicht und ganz eben. Auch die Überquerung der Staumauer war problemlos.
Weiter ging es an der Rur entlang, vorbei am historischen Kraftwerk bis Steinbach. Hier erfolgte ein recht langer, steiler Anstieg, der uns zur Abtei Mariawald führen sollte. An einer sehr schönen Stelle mit Wasser, frischem Gras und schöner Aussicht machten wir Pause.
Nur war Bjarni von der Aussicht möglicherweise nicht so begeistert wie ich. Warum, weiß ich nicht, aber auf jeden Fall ging er erst langsam von uns fort, wurde schneller und verschwand galoppierend um die Ecke. Weg war er. Was sollte ich tun? Ich überlegte nicht lange, sondern schwang mich auf Neisti und hinterher. Das ganze auf dem Packsattel (die Taschen hatte ich abgenommen) mit Stallhalfter bergab. Als mir bewusst wurde, was nun abging, war es zu spät, und der Weg war lang. Ich hatte noch einige Tage blaue Flecken von den Packbügeln. Groß war meine Erleichterung, als wir in Steinbach ankamen und mir ein Mann mit Bjarni am Strick entgegenkam. Nun, der Anstieg dauerte dann wieder 1,5 Stunden. Und was soll ich sagen. Als wir endlich weiter wollten, drehte sich Neisti so abrupt um, dass ich ihn nicht mehr halten konnte und raste nun seinerseits den Berg hinunter. Wie ein Indianer bin ich nebenher galoppiert und konnte glücklicherweise den Strick wieder fassen.
Nun war ich aber total durcheinander. Abwechselnd zeterte eines der Pferde herum, so dass ich beide erst einmal so weit den Berg hinauf führte, bis ein etwas ebenes Stück erreicht war. Nun ging alles wieder, nur in die falsche Richtung. Zwar merkte ich das nach ca. 15 Minuten, aber nun lief mir die Zeit weg. Ich habe an diesem Morgen, übrigens das einzige Mal während der Tour, mein Abendquartier in Wintzen bereits festgemacht und für 19:00 Uhr das Abendessen bestellt.
Der letzte Anstieg zum Kloster war enorm steil, so dass die Pferde oben doch recht fertig waren. Aber es gab Gelegenheit zur Erholung. Der Weg war nämlich so schmal, dass Neisti mit den Packtaschen nicht durchkam. Also, 50 m führen, Pferd anbinden (s.o.), Packtaschen nachtragen und so weiter. Aber endlich ging es dann über gut reitbare Wege weiter Richtung Wolfgarten. Interessant ist, dass Wolfgarten wegen der Wildschweine, die den Ort häufig heimsuchen, nahezu komplett eingezäunt ist. Das relativ schmale Tor überwand ich dann wie gehabt und weiter ging es durch den Wald Richtung Gemünd.
Oberhalb von Gemünd machte ich einen Fehler. Ich war im Besitz einer Wanderkarte von der Gegend, so dass ich mich einfach - statt mich auf Karte und Kompass zu verlassen - nach den Wegezeichen richtete. Irgendwann besann ich mich dann richtig, nämlich dann, als ich bemerkte, dass ich mich hoffnungslos verfranzt hatte. So nutzte ich das Flüsschen Olef als Auffanglinie. und kam so wieder am richtigen Weg an. Nun war es so, dass die Pferde durch einerseits das ungewohnte Hoch und Runter, andererseits durch die vorangegangenen Ereignisse einfach müde waren. So beschloss ich, den Rest der Strecke zu führen. Das ist leicht gesagt. Immerhin musste ich von 370 auf 530 m hinauf, oder besser hinüber. Lange Rede, kurzer Sinn - 12,5 Stunden nach meinem Abritt in Zerkall kam ich um 22:30 Uhr mit wunden Füßen und mittlerweile wieder erholten Pferden in Wintzen an.
Hier schellte ich einfach an der ersten Tür und fragte mich zur Familie Pielorz durch. Natürlich musste ich durch den ganzen Ort. Aber glücklich kam ich an. Nun, da alles gut gegangen war, hatten alle ihren Spaß, die Pferde wieder gute Weide und ich Hunger.
Dienstag, 28.05.2002
- 7. Tag
Eigentlich war ich es, der es nötig hatte, aber ich glaube, auch Bjarni und Neisti haben den Ruhetag bei der Familie Pielorz genossen. Es ist auch einmal ganz angenehm, in der Sonne zu sitzen und Tagebuch zu schreiben, auszuschlafen und die Pferde zu beobachten.